Mit Fotos von
Michael Fiukowski, Martin Wilk, Vernon Trent, Carmen Renn, Marc Peschke u.v.a.
Als am 24. Oktober 1931 in Chicago dem berüchtigten Gangsterboss Al Capone vom Gericht das Handwerk gelegt wird, ist es ein Erfolg der Steuerbehörde. Nicht wegen seiner Beteiligung an Alkoholschmuggel, Nachtclubs, Wettbüros und Bordellen, auch nicht für das „St. Valentine‘s Day Massacre“, dem sieben Männer zum Opfer fielen, wird er inhaftiert, sondern wegen Steuerhinterziehung.
Dass Macondo beinahe vor dem Aus stand und nun verspätet und mit deutlich verringerter Auflage erscheint, ist ebenfalls ein „Verdienst“ des Finanzamtes: Jahrelang haben wir Macondo am Rande der Selbstausbeutung produziert und ohne den Rückhalt eines großen Verlages oder eines Mäzens viel eigenes Geld investiert. Unsere Hoffnungen, nach wenigen Ausgaben Honorare an Autoren und Fotografen zahlen zu können, haben sich schnell zerschlagen – oft ging es darum, überhaupt die Druckkosten für die nächste Ausgabe tragen zu können. Dennoch haben wir es geschafft, mit der Qualität des Magazins viele Autoren, Fotografen und auch Leser zu überzeugen und an uns zu binden. Für das deutsche Steuerrecht ist allerdings kulturelles Engagement nicht ausschlaggebend, einzig die Gewinnerzielungsabsicht eines Unternehmens wird hier beurteilt. Wegen anhaltender Verluste drohte das Finanzamt im Jahr 2007 damit, unseren Verlag steuerlich nicht mehr anzuerkennen. Wir haben versucht, durch die Erhöhung der Auflage und neue Werbekonzepte dieses Damoklesschwert von uns abzuwehren, doch nach einer dreijährigen Phase der Ungewissheit haben wir es seit dem Herbst letzten Jahres schriftlich: Macondo ist in den Augen des Finanzamts ein reines Hobby und als solches steuerlich nicht mehr zu berücksichtigen. Da uns mit dieser Entscheidung ein Teil unserer wirtschaftlichen Grundlage entzogen wurde, mussten wir uns zu einschneidenden Schritten überwinden: Wir haben die Auflage drastisch reduziert, was dazu führt, dass Macondo ab dieser Edition 24 nicht mehr flächendeckend bundesweit im Zeitschriftenhandel präsent sein kann. Zufallskäufer werden wir so nicht mehr erreichen. Deshalb setzen wir auf Sie: Wir hoffen auf die Treue unserer bisherigen Abonnenten und Leser, auf Mundpropaganda und Weiterempfehlungen – Sie können uns helfen!
Es gibt aber auch positive Effekte dieser Entscheidung: Durch die lange im Voraus festgelegten Erscheinungstermine im Zeitschriftenhandel standen wir für die Produktion der letzten Hefte häufig unter großem Zeitdruck. Einige Fehler - die zwar zumeist nur uns auffielen, die aber dennoch ärgerlich waren – schlichen sich ein: So verschwand versehentlich sogar der Untertitel „Die Lust am Lesen“ von der Titelseite. Für die Schurken-Ausgabe haben wir uns wieder mehr Zeit gelassen. Dadurch müssen Sie zwar auf dieses Heft warten, doch dafür ist nicht nur der Untertitel wieder da, sondern auch für uns ist die „Lust am Heftmachen“ zurückgekehrt. Wir hoffen, auf dieser Basis noch lange mit Macondo im Literaturbetrieb mitmischen und Akzente setzen zu können.
Frank Schorneck & Petra Vesper